Am Sonntag gehen die Deutschen wählen. Moment – die Deutschen? Wer ist damit eigentlich gemeint? All diejenigen, die das 19. Lebensjahr erreicht haben. Und unter den Einwanderern nur diejenigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben. Sprich: Es lebt eine Masse in unserer sogenannten Demokratie, die zwar unter dem politischen Status Quo und noch kommenden Reformen leiden muss, doch nichts daran ändern kann (oder sich jedenfalls nicht an einer Veränderung beteiligen kann).
Ich weiß, welcher Partei ich mein Kreuz zeichnen würde – ich bin politisch, aber nicht 18. Nur deshalb kann ich nichts machen, das macht mich aggressiv weil unbeteiligt. Das Einzige, was möglich war, sind die heutigen Juniorwahlen an unserer Schule gewesen. Die haben aber keinerlei Auswirkungen, sie sollen nur zeigen, wie die politische Haltung an der Schule aussieht – in Anbetracht der Tatsache, dass es in meiner Klasse CDU-Wähler gibt, will ich das gar nicht wissen.
Hiermit möchte ich mich für eine Wahlreform aussprechen. Mein Vorschlag sieht folgendermaßen aus: Sobald ein sich ein Mensch dazu bereit fühlt, einer Partei seine Stimme zu geben, soll er einen Eignungstest machen, in dem das Niveau seiner politischen Bildung geprüft wird. Hat die Auswertung dieses Tests ergeben, dass er dazu fähig ist, wählen zu gehen, soll er das machen. Das Bestehen dieser Prüfung bringt einem sozusagen eine Wahleignungsbescheinigung.
Das Ganze würde mit Sicherheit auch den Prozentsatz der NPD-Wähler verringern (ich brauche das wohl nicht näher zu erläutern). In jedem Fall muss jede in Deutschland lebende Person diesen Test machen dürfen, ganz gleich, ob mit oder ohne Staatsangehörigkeit. So ist gewährleistet, dass nur solche wählen, die auch über ausreichend Information und Bildung in diesem Bereich verfügen. Dadurch ist das Wahlergebnis klarer und auf mehr konstruktiven Gedanken und Argumenten basierend.
Allerdings wirft die Idee einige Fragen philosophischer Art auf: Darf man bei der demokratischen Wahl zwischen gebildeter und ungebildeter Gesellschaft selektieren? Was, wenn der Test zu schwierig oder zu leicht ist?
Das Problem wäre bei solch einer Regelung in jedem Falle eine Zweiklassengesellschaft. Denn bei dieser Konstruktion hätte letztendlich, in welchem Umfang auch immer, eine Elite alle Wählermacht.
Ich sehe mit Grauen einen Pulk von elterlich und politisch gezüchteten Kleinkindern, die wie Roboter fünf Jahre lang auf den Tag X getrimmt wurden.
Alles in Allem sind mir da viel zu viele Unabwägbarkeiten und Beeinflussungsmöglichkeiten gegeben. Es wird ohnehin noch aufgrund der mangelnden Wahlbereitschaft dazu kommen, dass auch das Wahlalter für die „großen“ Wahlen auf 16 Jahre herabgesetzt wird.
Und hier sehe ich eines der derzeitigen Probleme: Die mangelnde Wahlbeteiligung. Ausführlicher schrieb ich hier davon.
Bei einer Umfrage unter den 16-jährigen in unserer Stadt, veranstaltet von einer parteilosen Jugendorganisation, war sinnigerweise die mögliche Wahlbeteiligung ähnlich der tatsächlichen! Es will also knapp die Hälfte der Bürger den Mist wählen, der derzeit angeboten wird. Und solange solche Selbstbeweihräucherungsparteien wie die Piratenpartei mit markigen Sprüchen werben und sich anschließend von innen heraus zerfleischen, wird sich auch nichts an der Parteienlandschaft ändern.
Eintagsfliegen wie die PBC, die NPD mit ihren namentlich bekannten Wählern und die Autofahrerpartei und wie sie nicht alle heißen, sind verschwendete Stimmen. Momentan hilft einzig eine Wahlbeteiligung um 80 Prozent und wissentliches Wählen gegen SPD und CDU / CSU. Es muss eine andere Kräfteverteilung im Bundestag geben, die eine sich selbst sättigende Regierung auf Kosten der Armen auch mit Koalition schwer macht.
Die mangelnde Wahlbeteiligung ist ganz klar ein großes Problem für unsere Demokratie, das wurde in deinem Artikel zum Thema auch sehr gut deutlich. Jedoch glaube ich nicht, dass ein Senken der Altersgrenze, sondern vielmehr Wahlpflicht die Lösung wäre. Müsste man wählen gehen, ginge man eben auch. Das erste Gegenargument, was mir dazu einfällt, ist allerdings, dass dann eben jene, die sich eigentlich nicht drum scheren, einfach das wählen, was die Masse wählt. Und dadurch würde sich kein Zustand verändern.
Das Wählen in Klassen ist ganz klar das schwerwiegende Ergebnis meiner Idee. Denkt man sie aber etwas weiter und baut sie aus, diese Idee, dann kann man zum Beispiel sagen, dass ein politischer Bildungsstandard an deutschen Schulen eingeführt werden muss. Ich habe das Fach „Politik, Gesellschaft, Wirtschaft“ beziehungsweise „Gemeinschaftskunde“ erst im siebten Schuljahr unterrichtet bekommen. Daran muss sich etwas ändern, sodass schon in der Grundschule der politische Geist gefördert oder zumindest angeregt wird. So kann man sicher gehen, dass alle – eben eine nicht selektierte Masse – ihre politischen Kenntnisse auf derselben Grundbildung aufbauen. Der weiterführende Schulplan im Politischen müsste dann jedoch wieder überall ähnlich aussehen, und das würde sehr schnell schwierig werden, wenn nicht scheitern.
Im Großen und Ganzen ist also zu sagen, dass die Idee durchaus ein mögliches Mittel ist, welches aber mit Bedacht und einem vernünftigen Konzept umzusetzen wäre, um eben kein Wählen in Kasten zustande kommen zu lassen.
Ich habe einen ewig langen Kommentar geschrieben und vergessen, die Rechenaufgabe zu lösen. Jetzt ist er weg…
Noch einmal in Kurzform: gute Idee; Wahlrecht ab 16 meiner Meinung nach keine Lösung; Altersschranke muss es trotz deinem Vorschlag geben, sodass jeder irgendwann wählen darf.
Bei weiteren Fragen einfach bei mir melden.
Dass der Kommentar im Nirvana verschwunden ist, tut mir Leid. Ich habe „Math Comment Spam Protection“ heute wieder eingeführt, da zu viel Spam eingeht, seitdem ich die Captcha-Methode auf Wunsch eines Lesers abgeschaltet habe. Die Neuerung schreibe ich gleich in die nächste Blogview.
Die heikle Frage bei einer Altersbegrenzung ist: Ab welchem Alter? Wenn nicht ab 16, ab wann dann? Wenn man die Leute so fragt, sagen sie immer, je jünger der Wähler, desto manipulierbarer.
Das denke ich auch. Und vor allem: Je jünger der Wähler, desto eher wählt er „nur aus Spaß die NPD“ – sollte ja nur ein Witz sein, aber dann sitzt sie plötzlich im Bundestag, weil so viele „nur einen Witz machen wollten“.
Genau das ist der Knackpunkt. Es kann auch passieren, dass die Eltern ihr politisch unwissendes Kind in frühem Alter so indoktrinieren (oder erpressen), dass es der gewünschten Partei seine Stimme gibt. Welche Altersgrenze schlägst du denn vor?