Querpresse: Gedenken im Bundestag

Vor einer Woche hat im Bundestag eine Debatte und Abstimmung zum Bundeswehr-Mandat in Afghanistan stattgefunden. Nach dem neuen Beschluss soll das deutsche Kontingent um knapp 20 Prozent aufgestockt werden, wofür 1,1 Milliarden Euro Steuergelder ausgegeben werden. 429 Abgeordnete stimmten für das Kriegsmandat (vorwiegend seitens Union, FDP und SPD), 111 dagegen (darunter geschlossen die Linksfraktion) und 46 enthielten sich.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jan van Aken kritisierte die Aufstockungspläne. Anstatt 850 weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken solle der „zivile Aufbau im Zentrum stehen“. Insgesamt hätten die Koalition und die für das Mandat stimmenden Abgeordneten „aus dem Bombenangriff von Kundus nichts gelernt“.

Nachdem Christine Buchholz in einer Rede „sehr emotional Schicksale von Hinterbliebenen des Angriffs geschildert“ (Neues Deutschland) hatte, sei es „zu einem Eklat gekommen“ (Welt), als sich die Mitglieder der Linksfraktion aus ihren Stühlen erhoben und „überdimensionale Todesanzeigen mit Namen und Alter der Opfer des verheerenden Luftangriffs im vergangenen Herbst“ (junge Welt) in die Höhe hielten.

Mit Verweis auf die Geschäftsordnung des Bundestages schloss Bundestagspräsident Norbert Lammert sämtliche Fraktionsmitglieder aus der weiteren Diskussion – nicht aber aus der Abstimmung – aus und forderte sie zum Verlassen des Plenarsaals auf. Dieser Aufforderung gingen alle Abgeordneten der Linkspartei nach. Das „Eklat im Bundestag“ (Spiegel) habe einen „Rausschmiss provoziert“ (Süddeutsche Zeitung), heißt es nahezu einstimmig in der Presse.

Die Bild-Zeitung geht wie erwartet in Sachen Polemik noch einen Schritt weiter. Sie berichtet von einem „Tumult im Parlament“ – vor allem aber bewirkte sie mit einer Umfrage eine größtenteils einhellige Debatte. Es wurde gefragt, ob Lammerts Reaktion richtig war – 61 Prozent der Bild-Leser stimmten zu:

„Ja, die Aktion der Linkspartei war Effekthascherei und des Bundestags unwürdig.“

Doch in den Kommentaren geht es noch eindeutiger zu: „Wo sind die Namen unserer Soldaten?“, fragt man dort und kann es nicht fassen, „was sich die linken Parasiten erlaubt haben“. In der Parlamentsordnung sei „so ein Spektakel“ aus guten Gründen untersagt. Allerdings wirkt das hitzige Wortgefecht wie eine überspitzte Version der meisten übrigen Pressestimmen.

Bild: Frank Schwarz / Linkspartei Sachsen

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2 Kommentare

  1. freeeeeek
    März 9

    Von der SED zur PDS, von der PDS zur Linken. Vieles ist geschehen, jedoch offenbar nur in der Namensgebung. Das Gedankengut blieb augenscheinlich gleich. Wenn man sich schon nicht an konstruktiven Lösungen von Problemen beteiligt, dann sollte man solchen Diskussionen besser ganz fern bleiben. Afghanistan ist nicht das einzige Thema, das die Linke bis heute nicht verstanden hat. Ich finde es auch tragisch, wenn unschuldige Zivilisten ums Leben kommen, keine Frage. Aber die Bundeswehr ist nunmal im Zuge eines NATO-Mandats am Hindukusch. Dass es zivile Opfer gibt ist leider Alltag auf der Welt, nicht nur in Afghanistan. Deutschland braucht keine Partei wie die „Reichtum für alle – Reichtum besteuern“-Fantasten. Kommt zwar nicht von mir, sondern von einem Kommentar aus der SZ, finde ich aber trotzdem überaus gelungen.

  2. März 9

    Mit der Behauptung, das Gedankengut der Linken wäre gleich geblieben, die nicht falsch ist, stützt du die Dämonisierung der „Ex-DDR-Spinner“, wie sie tagtäglich in den Medien praktiziert wird. Die Linkspartei hat viele aktuelle Themen sehr wohl sehr gut verstanden. Sie nimmt zum Beispiel nicht, wie du, zivile Opfer als bedauernswerten Alltag hin sondern fordert umsetzbare Änderungen und Lösungen. Dass die Bundeswehr im Zuge eines NATO-Mandats am Hindukusch ist, macht den Einsatz auch nicht besser. Und zivile Opfer lassen sich verhindern – natürlich ist das im Krieg nicht ganz so leicht, dennoch aber zeigt ein Auftritt wie der der Linkspartei in der letzten Bundestagsdebatte vor, wie schlecht der Krieg ist und wie stark der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan abzulehnen ist, wenn dabei unschuldige Frauen, Männer und Kinder zu Tode kommen, die nur zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sind.

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