Abschiebehäftling tot aufgefunden

Am Sonntag wurde der 17-jährige aus Georgien stammende Abschiebehäftling David M. im Hamburger Gefängniskrankenhaus tot aufgefunden. Er hatte sich mit einem Bettlaken erhängt, nachdem er seinen Hungerstreik beendet hatte. Angeblich wurde er intensiv psychologisch und medizinisch betreut, die „Hamburger Morgenpost“ zitiert Pia Kohorst, Sprecherin des Justizsenators Till Steffen (GAL): das Ereignis sei ein tragischer Vorfall, jedoch sei eine Suizidabsicht nicht erkennbar gewesen. Auch habe zwar eine Videoüberwachung der Zelle des Minderjährigen stattgefunden, die aber nicht kontinuierlich überprüft werde. Insgesamt gebe es keinen Anhaltspunkt für ein Fehlverhalten seitens der Ausländerbehörde.

Allerdings kann so leicht nicht gerechtfertigt werden, was hier geschehen ist: David M. ist ohne seine Erziehungsberechtigten nach Deutschland eingereist. Anfang Februar wurde er wegen des Verdachts auf illegalen Aufenthalt festgenommen, ein Abschiebungsverfahren wurde eingeleitet. Als er in den Hungerstreik trat, überlieferte man ihn in das Hamburger Gefängniskrankenhaus, wo er sich schließlich das Leben nahm. Nach Plan wäre er gestern nach Polen abgeschoben worden, von wo aus er angereist war.

Der migrationspolitische Sprecher der Hamburger Linksfraktion Mehmet Yildiz bezeichnete den Tod von David M. als „Skandal“ – es sei „unmenschlich und verantwortungslos, minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Abschiebehaft zu nehmen“. Die Verantwortlichen hätten den „Hilfeschrei“ des Häftlings in Form des Hungerstreiks nicht verstanden. Die „menschenverachtende Flüchtlingspolitik“ müsse sofort beendet werden.

Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) reagierte nach dem öffentlichen Druck – unter anderem durch den Flüchtlingsrat, der gestern gemeinsam mit anderen Verbänden zur Demonstration aufrief -, indem er den Stopp der Abschiebehaft zur „Zurückschiebung“ von aus einem „sicheren Drittstaat“ stammenden Minderjährigen veranlasste. Zurück- beziehungsweise Abschiebungen der minderjährigen Asylsuchenden in ihr Heimatland sind weiterhin möglich.

Diese Tragödie ist kein Einzelfall – neben David M. hatten drei weitere Minderjährige auf ihre „Zurückschiebung“ gewartet. Es ist eine Schande, wie hierzulande mit minderjährigen Flüchtlingen umgegangen wird – und es ist eine Schande, dass der Senat erst nach einem Todesfall handelt. Und ist denn ein Suizid so erstaunlich, wenn man sich nach der Flucht in Gefangenschaft wiederfindet?

Update: Nach Angaben der georgischen Botschaft hat der Abschiebehäftling ein falsches Alter angegeben und ist nicht 17, sondern 25 Jahre alt gewesen (Quelle: taz).

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7 Kommentare

  1. März 12

    Das zeigt wie unmenschlich Abschiebung ist! Für uneingeschränkte Bewegungsfreiheit! No Borders, No Nations, Stop Deportations!

  2. frequentlywronganswers
    März 12

    Abschiebung ist keineswegs generell unmenschlich. Der sogenannte Kalif von Köln, Metin Kaplan, wurde 2004 in die Türkei abgeschoben. Es gibt noch etliche weitere Islamisten, Holocaust-Leugner, herumreisende Sektenprediger, Schweizer Bankvertreter, Drogenbarone, Schutzgelderpresser etc. pp., die hier nicht wirklich vermisst werden; sollte ihnen das passieren, was dem Metin Kaplan passiert ist: Kabelbinder umme Arme und ab dafür.

  3. März 13

    Sprechen wir bei Abschiebung nicht eher von eben der, die unschuldige Flüchtlinge in das Land, aus dessen unglückseliger Situation sie geflüchtet sind, zurückschickt und unter unmenschlichen Bedingungen erniedrigend behandelt?

  4. frequentlywronganswers
    März 14

    Generell nicht. Im Einzelnen schon.

  5. März 16

    @frequentlywronganswers: Ach und du löst wahrscheinlich auch Probleme, indem du vor ihnen die Augen zu machst! Nein Abschiebung ist keine Lösung für solche Probleme, sonder der einfachste Weg die Augen zu verschließen und die Leute wegzuschicken. Dies ist unmenschlich, dumm und ändert einfach nichts am Problem. Warum hat man bei deinem „Kaplan“ nicht einfach mal hinterfragt wie sowas möglich werden konnte.

    Sind Abschiebehäftlinge für dich Menschen zweiter Klasse, weil sie keinen deutschen Pass haben? Auf genau solchem Gedankenkonstrukt basiert die Legitimierung der Abschiebung. Menschen definieren sich über ein Stück Papier und wenn einer ein anderes hat, dann darf er sich nicht dort aufhalten, wo er das gerne möchte. Und wenn er es doch macht, dann wird er behandelt wie ein Schwerverbrecher, inhaftiert, verprügelt und psychisch zerstört. Jeder der Abschiebung toll findet, kann nicht über den Tellerrand schauen und macht seine Augen zu.

  6. März 16

    Metin Kaplan ist ein beispielhafter Islamist. Er hat öffentlich zum „Glaubenskampf“ sowie zur Ermordung eines Oppositionellen aufgerufen („Wenn er nicht Reue bekundet, dann wird er getötet“) und wurde später des Mordes an ebendem verdächtigt. Inzwischen befindet er sich, nach Abschiebung 2004, in der Türkei in einem Hochsicherheitsgefängnis. Natürlich ist auch hier die Abschiebung eine faule Methodik, Probleme einfach anderen (Ländern) in die Schuhe zu schieben. Allerdings ist sie in diesem Fall nicht gleich unmenschlich.

  7. März 18

    Da haben einige Leute ihren Job nicht gemacht. Schade, sehr schade. Eigentlich müssten dafür Köpfe rollen.

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