SPD und Sozialismus

Eine kurze Klarstellung

Da musste ich doch tatsächlich so etwas entdecken:

„Deutschland. Die SPD – eine sozialistische Partei – hat hier viel Gutes bewirkt, sowohl in den Phasen ihrer Regierungstätigkeit als auch in der Opposition. Weitere Beispiele für gutes Handeln sozialistischer Parteien und Politiker? Schau mal nach Skandinavien und Frankreich.

Sozialismus ist nicht nur Mauer und Stacheldraht.“

Kalle Kappner bei „Rot steht uns gut

Nein, die SPD ist keine sozialistische Partei. Sie hat sich vielleicht als Arbeiterpartei verkauft, aber Sozialdemokraten waren sie schon immer. Auch, wenn mancher einen anderen Begriff von Sozialismus hat – wie etwa in Frankreich, wo die Sozialisten tatsächlich ein SPD-Pendant sind -, so bleibt doch Fakt: Die SPD hat nichts mit Sozialismus zu tun. Dem Sozialismus, der eine andere Wirtschaft und ein ganz anderes Gesellschaftsmuster fordert. Dem Sozialismus als Vorstufe zum Kommunismus.

Kalle Kappner hat ja recht, wenn er meint, Sozialismus sei „nicht nur Mauer und Stacheldraht“. Mauer und Stacheldraht sind Resultate einer gescheiterten Praxis, am Beispiel DDR kann man sich das unter anderem damit erklären, dass dort viele traumatisierte Opfer Führungspositionen etwa bei der Stasi innehatten. Was die nationalsozialistische Diktatur mit ihnen angestellt hat, wollten sie – verständlicherweise – nie wieder erleben, das dahintersteckende Gedankengut nie wieder entstehen lassen. Allerdings stören Traumata die Vernunft, sodass man mit einem Opfer der falschen Person die Verantwortung übergibt, weil sie potentiell ins andere Extrem agieren wird. So entsteht staatliche Paranoia und irrationale Staatssicherheit, so trug die DDR eben auch derart furchtbare Früchte. Daran ist nicht der Sozialismus schuld.

Wenn nun aber die Sozialdemokraten, die der Arbeiterbewegung in der deutschen Geschichte schon mehrmals in den Rücken gefallen sind, allen Ernstes behaupten, sie verträten den Sozialismus, dann ist das nichts weiter als geheuchelte Arbeitersolidarität und hohle Behauptung. So werkt die parlamentarische Imagearbeit einer Partei, die rassistische Äußerungen einzelner Parteimitglieder reaktionslos übergeht und schon sehr lange auch sonst keinen Grund vorbringt, sie zu wählen.

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3 Kommentare

  1. Juli 3

    Erst einmal freut es mich natürlich, dass meine These hier diskutiert wird ;).
    Ich hoffe, mir ist es dann auch erlaubt, mich zu verteidigen!

    „Nein, die SPD ist keine sozialistische Partei. Sie hat sich vielleicht als Arbeiterpartei verkauft, aber Sozialdemokraten waren sie schon immer.“

    Ersteinmal: In ihren Anfangsjahren war die SPD – nach heutiger Diktion – keine sozialdemokratische Partei sondern eine revolutionär-sozialistische Partei. Aber davon mal abgesehen:
    Was ist denn Sozialdemokratie?
    Sozialdemokratie ist eine Spielart des Sozialismus‘. Und zwar des demokratischen Sozialismus. Willy Brandt hat einmal gesagt „Sozialdemokratie ist ein Synonym für demokratischer Sozialismus“ und im Grundsatzprogramm der SPD ist der demokratische Sozialismus weiterhin als Leitlinie definiert. Sozialdemokratie/demokratischer Sozialismus gründet auf der Annahme, dass eine sozialistische Gesellschaft nur durch parlamentarisch-demokratische Reformen zu erreichen ist. Das unterscheidet sie/ihn vom revolutionären Sozialismus, der von einer Revolution der Arbeiterklasse ausgeht.

    „Die SPD hat nichts mit Sozialismus zu tun. Dem Sozialismus, der eine andere Wirtschaft und ein ganz anderes Gesellschaftsmuster fordert. Dem Sozialismus als Vorstufe zum Kommunismus.“

    Das ist doch nur eine Definition des Sozialismus‘. Woran du dich vermutlich störst, ist das Bekenntnis der (internationalen) Sozialdemokratie zur (sozialen) Marktwirtschaft und eine Absage an die Planwirtschaft. Jedoch gehe ich davon aus, dass Sozialismus nicht zwangsläufig eine planwirtschaftliche Organisation benötigt. Marktwirtschaft ist im allgemeinen effizienter, gerechter und historisch erfolgreicher. Der Markt ist genial. Er muss allerdings vor staatlichen und privaten Monopolen geschützt werden um effizient zu bleiben. Ziele des Sozialismus sind Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Für meine Begriffe lassen sich diese Ziele in einer marktwirtschaftlichen Ordnung am besten verwirklichen. Nach marxistischer Auffassung ist der Sozialismus nur das Übergangsstadium zum Sozialismus. Für Sozialdemokraten ist er Weg und Ziel. Dass Sozialismus und Planwirtschaft nicht zwangsläufig einhergehen zeigen wirtschaftstheoretische Modelle wie der Konkurrenzsozialismus oder die sozialistische Marktwirtschaft.
    Für Sozialdemokraten gibt es andere – bessere – Mittel, den wirtschaftlichen Sektor zu demokratisieren: Mitbestimmung, Genossenschaften, Regulierung.

    Den Sozialismus kann man weder auf den gescheiterten Realsozialismus noch auf die marxistisch-traditionelle Begrifflichkeit reduzieren. Auch die Sozialdemokratie gehört selbstverständlich in die Typologie sozialistischer Ideologien. Und sie ist bis dato die erfolgreichste unter ihnen.

  2. Juli 3

    Selbstverständlich ist es dir erlaubt, dich zu verteidigen, dazu soll der Kommentarbereich ja da sein.

    Du hast recht, ich beschränke mich hier auf eine einzige Definition von Sozialismus – dass Sozialdemokratie demokratischer Sozialismus ist, ist mir dennoch klar. Allerdings kritisiere ich vielmehr die Sozialdemokraten, hierzulande also die SPD. Der Ansatz, innerhalb der bestehenden Marktwirtschaft einen sozialistischen Weg zu gehen, ist gar nicht so dumm: Dieser Weg ist, das liegt auf der Hand, weit erfolgversprechender und realistischer als ein Systemumsturz. So hat man, wenn man weitergehen will, eine gute, stabile Basis für einen langsamen „Umsturz“, also Reformismus statt Revolution. Das mag in der Theorie eine gute Idee sein. Was aber tut die SPD? Sie fördert ungerechte Politiken zutage, die der Arbeiterschaft zur Last fallen und weitab sind von dem, was du als Sozialdemokratie bezeichnest. Einen entscheidenden Haken hat der demokratische Sozialismus nämlich: Die sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ ist nicht sozial, geschweige denn gerecht. Sie mag sein, was man im Allgemeinen „effizient“ und „erfolgreich“ nennt, dennoch ist sie kontinuierlich für die Unterteilung der Gesellschaft in arm und reich verantwortlich, und das darf nicht sein. Also kann man noch so lang innerhalb des Kapitalismus agieren und reformieren, gelöst werden die relevanten Probleme damit nicht.

  3. Juli 7

    Also das ist doch der größte Quatsch, den ich jemals gehört habe: Es liegt an der Definition von Sozialismus und Sozialdemokraten sind demokratische Sozialisten. Auch der „Markt ist genial“ ist pure Verdummung und man sieht daran wahrscheinlich wie weit Rechts die Sozialdemokratie schon steht.

    Also 1. Die SPD hat in ihrem Grundsatzprogramm wirklich noch demokratischer Sozialismus drin stehen. Eine wirkliche Transformation der gesellschaftlichen Verhältnisse hat die SPD jedoch nie unternommen, sondern sich den herrschenden Verhältnissen angepasst, wenn nicht sogar deutlich schlimmer vorrangetrieben. Und dies haben in Europa nicht nur die SPD sondern auch New Labour in England, die PS in Frankreich oder PD in Italien getan. Sozialdemokraten Sozialisten zu nennen ist eine Verdrehung der Geschichte.

    Jeder, der Karl Marx gelesen hat, weiß das der Markt die Quelle allen Übels ist. Durch den Austausch der Waren auf den Markt verobjektiviert sich unsere Beziehung zueinander d.h. wir definieren unsere Beziehung über eine Marktbeziehung und lassen uns in unserem Benehmen aufgrund der Waren leiten obwohl wir diese eigentlich leiten müssten. Marx schreibt im Kapital ganz anschaulich, dass sobald die Waren den Markt erreichen ein Eigenleben bekommen und der „der Tisch anfängt zu tanzen“. Gleichzeitig verschleiert der Austausch über den Markt die wahre Wertbestimmung von Waren. Dadurch, dass sie auf dem Markt gehandelt werden, beziehen sich die Waren aufeinander als Werte und verschleiern ihren wirklichen Wert, der durch Arbeit bestimmt wird. Nur allein dadurch ist es Möglich den/die ArbeiterIn von ihrem Produkt zu entfremden und dadurch den allgemeinen Mehrwert abzuschöpfen.

    Auch ist es durch den Markt erst möglich geworden eine wahre Klassenherrschaft so zu verschleiern, dass die Allgemeinheit denkt, dass der Arbeitsmarkt auf einem reinen Äquivaltentausch basiert. Das der doppelt freie Arbeiter aber seine Arbeitskraft verkaufen muss, weil er sonst kein Essen hat usw. wird dadurch verdeckt,

    Wie du siehst ist der Markt nicht Genial sondern Hauptübel der kapitalistischen Verwertungs- und Ausbeutungslogik.

    Unbedingt für dich zu empfehlen, damit du nicht die Lügen der Sozialdemokratie aufläufst, der auch ich in meinen ersten Jahren aufgelaufen bin, sind folgende Bücher:

    – Karl Marx – Das Kapital Band 1

    – Nicos Poulantzas – Staatstheorie

    – Antonio Gramsci – Gefängnishefte

    – Joachim Hirsch – Staat, Macht und Hegemonie

    Die Sozialdemokratie hat übrigens seit Godesberg nichts mehr mit Sozialismus zutun!

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