Über die Stadt

Die Stadt ist laut, die Stadt ist schnell, die Stadt ist viel zu schnell. Sie ist immer in Bewegung und sie ist kalt. Abweisend ist sie, sie ist ganz berührungslos. Und dicht, die Stadt ist ein dicht wimmelnder Haufen arbeitender Ameisen – und doch leblos. Die Stadt ist künstlich, sie ist eine Illusion der Vision des Fortschritts, der Industrie. Die Stadt ist der harte Asphalt, auf dem wir uns die Füße kaputtlaufen, tagein, tagaus. Doch es führt kein Weg daran vorbei, dass wir uns die Füße kaputtlaufen, denn wir müssen durch die Stadt, immer wieder. Wir müssen Geschäfte erledigen, unsere Sachen besorgen, Menschen grüßen, ja und nein sagen, immer wieder.

Und wenn ich abends in den Himmel schaue, fehlen mir die Sterne. Ich schaue und schaue, doch die Sterne kann ich nicht finden. Wo sind sie hin? Die Stadt hat sie geschluckt. Die Stadt hat die Sterne geschluckt. Gestohlen. Gefressen.
Die Stadt ist aggressiv, sie greift alles Schöne, Sanfte, Zarte, Herrliche mit all ihrer Energie an. Sie kennt kein Erbarmen, sie beißt und kratzt, bis nichts als kahle, starre Eintönigkeit bleibt.

Die Stadt ist das leise Ungetüm, das uns laut in den Ohren dröhnt. Sie ist der unschuldige Vergewaltiger der Gefühle. Sie ist eine Daumenschraube und eine Streckbank und eine eiserne Jungfrau für den stillen Moment.

Ich will stille Momente erleben, ich will ausatmen, ich will den Blick schweifen lassen, ich will nicht rennen müssen, ich will nicht kämpfen müssen – ich will gar nichts müssen.

Und wenn ich dann abends wieder in den Himmel schaue, glaube ich mit einem Mal, einen Stern entdeckt zu haben. Dann schaue ich genauer hin und stelle fest: Es ist gar kein Stern. Es ist ein Flugzeug.

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3 Kommentare

  1. Februar 27

    Das hast du schön geschrieben. :-) Da ist auch was dran.

  2. Disi
    Februar 28

    Jan, das ist traurig und wunderwunderschön.

    „Und wenn ich dann abends wieder in den Himmel schaue, glaube ich mit einem Mal, einen Stern entdeckt zu haben. Dann schaue ich genauer hin und stelle fest: Es ist gar kein Stern. Es ist ein Flugzeug.“

  3. Angelika
    August 21

    Die Axt für das gefrorene Meer in uns !

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