Samstagnacht unter Wasser

Nik Freitas – „Saturday Night Underwater“

Das neue Album von Nik Freitas möchte man im Café an der Ecke gegenüber oder an einem Sonntagvormittag unter einer warmen Decke hören. Manchmal würde man es am liebsten in den Arm nehmen wie einen Menschen, den man sehr gern hat – manchmal will man sich auch genervt abwenden, aber der Moment, in dem man die Musik schätzt, kommt schnell wieder.

„Saturday Night Underwater“ hat eine ganz besondere Geschichte, die es auch so interessant macht. Nik Freitas, Musikerkollege unter anderem von Conor Oberst (Bright Eyes, Mystic Valley Band), hat es in seiner Gartenlaube, seinem privaten Studio, aufgenommen. Dort scheint er sich in aller Ruhe auszuleben, denn wenn eines am Ende hängenbleibt von seinem fünften Album, dann ist es Experimentierfreude. Stellenweise kann man kaum glauben, dass Freitas das größtenteils allein bewerkstelligt hat. An der Stelle wird die handwerkliche, musikalisch dennoch inspirative Herangehensweise des Künstlers deutlich. Die verschiedenen Klänge werden zwar sauber über- und untereinandergelegt, ergeben am Ende aber doch eine eigenständige Komposition.

Die mitunter starke Synthetik kann manchmal durchaus störend wirken, worüber man jedoch wohl kaum stolpert. Das Album beginnt mit einem ruhigen, sommerlichen Song, der sanft in den Ohren nachklingt, ohne aufdringlich zu sein. Überhaupt macht Nik Freitas einen sehr geduldigen, sensiblen Eindruck. Wie ein beständig plätschernder Bach taugt sich seine Musik daher auch weniger zum Tanzen, als vielmehr zur Hintergrundmusik. Hin und wieder wird man ein bisschen wachgerüttelt, so etwa durch die sehr abrupten Gitarrenriffs in „The Light“. Das fällt allerdings nicht negativ auf, zumal sofort ein wohliger Kontrast entsteht, sobald Freitas‘ beruhigende Stimme einsetzt.

Das Schöne an „Saturday Night Underwater“ ist, dass man beim Hören sofort herunterfährt, egal, in welcher Situation man gerade war. Ich habe die CD nach dem Sport, auf dem Weg durch die Stadt und beim Arbeiten gehört (es wurde nicht langweilig!) – jedesmal überkam mich eine warme Ruhe. Der Künstler hatte schnell die Stimmung im Griff.
An gewissen Stellen klingen dann doch Einflüsse aus bekannten Richtungen durch; musikalisch bringt das Album kaum Neues mit sich. In „Hold That Thought“ etwa meint man, „The Flaming Lips“ heraushören zu können; an anderer Stelle entdeckt man eine klare „Beatles“-Prägung. Das sind aber alles keine schlechten Quellen der Inspiration. Insgesamt übergibt Freitas uns da eine Pralinenschachtel, deren Inhalt uns mit jedem Bissen leise überrascht und langsam auf der Zunge zergeht. Die Schachtel ist so filigran, so zierlich gefaltet, dass wir sie ganz vorsichtig in die Hände nehmen und öffnen – selbst die Worte, die Freitas so vor sich hinsingt, wirken fast zerbrechlich. Manchmal laufen seine Experimente aus der Gartenlaube zwar ins Leere, meistens aber berühren und gehen sie unter die Haut. Es fehlt nur noch eine heiße Schokolade oder eine Tasse Tee.

Nik Freitas: Saturday Night Underwater, Affairs Of The Heart/Indigo, 2011

Dieser Artikel erschien auch auf der Website des Magazins „Wahrschauer“.

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