Spoek Mathambos neues Album „Father Creeper“
Wer ist Spoek Mathambo? Für die einen ein genialer Künstler und Avantgardist, für die anderen ein nerviger Hipster – der junge Rapper, DJ und Designer aus Johannesburg ist vor allem aber ein Kanalisator des Flüchtigen, wodurch er dem Jetzt den Weg in das Morgen weist.
Bekannt geworden durch ein futuristisches Cover von JOY DIVISIONs „She’s Lost Control“, hat der Südafrikaner nicht nur durch Features mit schrillen Größen wie GNUCCI BANANA sein vielfältiges Talent unter Beweis gestellt. Auch mit seinem zweiten Album führt er mit Fingerspitzengefühl vor, für welch bunte Collagen der schmutzige Lärm der breiten Masse den Stoff liefert.
Es ist nicht leicht, Mathambos Musik zu beschreiben – sie hat keine eindeutige Richtung. Mal Electro, mal Indie, hier ein bisschen Rock-Pop, dort eine Prise Afro-Futurismus. Konstanten sind vielleicht der Rap und ganz viel Schlagzeug. Trotzdem schafft es Spoek Mathambo, markant und unverwechselbar zu bleiben. Seine schiefe Stimme, die oft haarscharf neben den Tönen entlangschlittert, besticht durch ihr künstlerisches, nicht künstliches Potential. Jede Disharmonie ist nur scheinbar, denn jeder musikalische Fehler wird gewollt eingebaut, jeder Text sorgfältig platziert.
Spoek Mathambo ist spukig, eigenartig und über die laute, schnelle Disco längst hinaus. Sein neues Album „Father Creeper“ ist eine Galerie der Kontraste: Weicher, dumpfer Sound klingt zu hartem, temporeichem Beat bei facettenreichem Gesang. Diese Kontraste liefern die Spannung, die sich durch die gesamte Platte zieht – wir sind einem atemlosen Ausatmen ausgeliefert. Dabei kommt keine Langeweile auf, denn kein Track ist wie der andere. Ob beunruhigende Sprechchöre wie in „Venison Fingers“, naturimitierende Beats und ein erstaunlich tanzbares Drum-Solo in „Put Some Red On It“, Ohrwurm-Songs wie „Let Them Talk“ oder „Skorokoro (Walking Away)“ – es scheint, als käme jeder Musikgeschmack zur Geltung. Das allerdings ohne jeglichen Konformismus, Spoek bleibt immer er selbst mit seinem ganz eigenen Stil und Anspruch.
Vielleicht kann man diesem ungewöhnlichen Künstler sein Hipster-Gehabe anlasten, wie Christian Schachinger das im österreichischen „Standard“ getan hat. Mathambo ist gewiss jemand, der die Selbstinszenierung liebt und sich kunstvoller gibt als seine Leistungen es hergeben, so gibt der in fast jedem Lied eingesetze Echo-Effekt seinen Worten häufig einen monumental aufgebauschten Charakter. Auch liefern seine Texte nicht mehr als ein Abbild der desorientierten Poesie des 21. Jahrhunderts, die sich vielleicht mit folgendem Zitat aus dem Song „Kites“ zusammenfassen lässt: „I wanna be drunk with you.“
Soweit, so harmlos. Hipster hin oder her: Mathambo kann mit Musik umgehen und hat ein Gespür für die Eindrücke um ihn herum, soviel ist klar. Er ist erfindungsreich und innovativ in einem unökonomischen Sinn. Sein Sound ist repetitiv, aber nicht nervig, ruhig, aber nicht langweilig, wechselhaft, aber nicht kurzlebig. Spoek Mathambo hat mit „Father Creeper“ ein womöglich zukunftsweisendes Album geschaffen, das nicht unbedingt in den Charts landet, aber sicher als tiefe Inspirationsquelle verbleibt.
Father Creeper. Spoek Mathambo, SubPop 2012.
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