Die Umfragen sind schuld!

Die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahlen stehen fest: Donald Trump wird als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Barack Obama im Amt ablösen. Für Clinton-Anhänger ein Trauerspiel, für Republikaner ein Grund, die Sau rauszulassen. Die US-Wahlen verlaufen nach einer beinahe zuverlässigen Konjunktur: Von Clinton zu Bush, von Bush zu Obama, von Obama zu Trump. Das ist nicht nur ein Spiel der Männlichkeit, sondern auch ein deutliches Versagen zweipoliger Demokratie. Ein Zweiparteiensystem hat nunmal den Hang dazu, sich manisch-depressiv zu äußern.

Sich darüber zu wundern, dass nun ein populistischer Lachsack die Wahlen gewonnen hat, ist deshalb nicht nur lächerlich, sondern auch ein Zeichen mangelnder Selbstreflexion. Die Umfragen sind schuld, wenn es nach denjenigen geht, die in diesem Moment am New York Times Square Tränen heulen. Wir dachten, dass das klappt! Hat es aber nicht. Die Umfragen gehen nicht zur Wahl, dass musst du schon selbst tun.

Das Zeitalter des Populismus?

Ist das Zeitalter des Populismus nun endgültig angebrochen, wie es Florian Harms im Spiegel Online-Kommentar verkündet? Nach Brexit, dem Scheitern des kolumbianischen Friedensabkommens und nun einem Schwung nach rechts könnte man das natürlich meinen. Angesichts des aufkochenden Ressentiments gegen Flüchtlinge in Europa und dem steigenden Trend, alle Moslems mit Terrorismus in Verbindung zu bringen, könnte man das durchaus meinen. Es ist allerdings schon eine Weile her, dass dieses Zeitalter „angebrochen“ ist: Spätestens seit der Social Media-Welle unserer Generation betreiben wir überhaupt nichts anderes mehr als Populismus. Was ist Populismus eigentlich?

Populisten, ob links (Chávez) oder rechts (Le Pen), sind, kurz gesagt, Realpolitiker mit großer Klappe. Sie haben, im Allgemeinen, drei Eigenschaften gemeinsam: 1. Populisten behaupten, im Namen des Volkes zu sprechen. 2. Populisten setzen jedes Statement ins Zeichen eines Kampfes gegen „das Establishment“. 3. Populisten sind anti-intellektuell. Was haben diese Eigenschaften zur Folge? Punkt 1 baut Nähe auf: Endlich mal jemand, der sich beim Stammtisch dazu setzt und „einer von uns“ ist. Punkt 2 baut Gemeinschaft auf: Wir gegen die, sozusagen, aber auch der gewisse Adrenalin-Kick des Protorevolutionärs. Punkt 3 macht immun gegen schlaue Argumente: Logik hilft bei Trump, Órban, Le Pen et al. absolut nicht. Da ist selbst Aspirin gegen Krebs wirksamer.

Trump ist ein Hashtag

Und was haben die sozialen Medien jetzt damit zu tun? 1. Social Media behaupten, im Namen des Volkes zu sprechen: Wir sind tatsächlich der Meinung, dass bei Facebook jede Stimme zählt. 2. Social Media sind so basisdemokratisch, dass es sich so anfühlt, als gäbe es gar kein Establishment: Kommunismus als Werbemaschine, sozusagen. 3. Social Media sind anti-intellektuell: Es geht nicht um stichhaltige, gut recherchierte Argumente, sondern um Klicks, Memes, GIFs und Co.

In unserem Zeitalter ist Trump ein Hashtag: Wir haben ihm zugehört, uns in die Hosen gemacht vor Lachen, seine „10 peinlichsten Momente“ mehr als eine Million Mal bei YouTube angeguckt, und vergessen, dass man mit Feuer nicht spielen soll. Unser Erstaunen ist Symptom unserer Generation, unsere offenen Münder und heruntergeklappten Kinnladen sind die Kopfschmerzen unserer Passivität. Brauchen wir Ritalin, um mit unserem kollektiven ADHS fertig zu werden? Oder lieber Psychotherapie? Um es mit Freud zu sagen: Vielleicht hat das Id die US-Wahl gewonnen. Vielleicht brauchen wir ein bisschen mehr Über-Ich.

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