Es wird immer bunter mit den sogenannten „sozialen Netzwerken“ im Internet. Angefangen mit MySpace kamen Facebook und Xing dazu – und inzwischen gibt es immer mehr davon; man kann sie kaum noch zählen.
„Was, du bist noch nicht bei [beliebig] registriert? Mach mal, dann kann ich dich adden!“
Alles klar. Und das nenne man noch sozial. Junge Leute protzen mit der Länge ihrer „Buddy-Liste“ (Freundesliste), auch wenn sie 75 % der Leute darunter nie gesehen haben oder überhaupt nicht kennen. Nein, das, was sich die Macher dieses Web 2.0-Blödsinns darunter vorgestellt haben (Kontakte verwalten, schneller Austausch, Steckbriefe erstellen und einsehen), hat nicht so funktioniert. Kein unerheblicher Teil der heutigen Jugend „lebt“ im Internet. Da hat man sich so individuell und extravagant wie nur irgend möglich darzustellen und präsentiert sich ultrabesonders auf Fotos in den Spiegel. Man muss einen ganz besonderen Spitznamen haben, sonst ist man nichts, und derjenige, der Mitglied in den meisten virtuellen Gruppen mit den coolsten Namen ist, hat Stil.
Es ist teilweise wirklich nur noch zum Kotzen. Und jetzt kommt auch noch RFID ins Spiel, „um die Schwelle zur realen Welt zu übertreten“. Im letzten Jahr haben in Lausanne ein paar Leute eine Firma gegründet, über die sie ihre Entwicklung „Poken“ vertreiben (siehe Abbildung). Spiegel Online schreibt:
Das junge Startup aus Lausanne hat einen Schlüsselanhänger entwickelt, der mittels RFID soziale Daten mit anderen austauscht und diese später mit sozialen Communities wie Linked-In und Facebook vernetzt. Funk statt Visitenkarte. „Poken lässt den Handschlag wiederaufleben“, lautet der dazugehörige Slogan.
(Quelle)
Besonders in Japan hat das natürlich sehr großen Erfolg erlangt; kürzlich wurde ich sogar von Books on Demand zu einer „Poken-Party“ in Hamburg eingeladen („Meet’n Poke„). So hat jeder endlich eine Entschuldigung fürs „soziale Netzwerken“ („Das ist doch real; ich kenne die Leute schließlich wirklich.“). Natürlich eine klasse Idee (wenn man nur ans Geld denkt), doch auch auf eine Weise bedenklich. Daten, Daten, Daten. Und je personenbezogener diese sind, desto mehr sprechen sie Otto Normalverbraucher an (besonders, wenn er jugendlich ist), diese jedem in die Hand zu drücken.
Bild: Pietro Malerba/Silvia Marinelli
– „Ich schick‘ dir dann ’ne Nachricht bei Studi.“
„Ich bin nicht bei Studi.“
– „Waaas? Wieso das denn nicht?“
„Zu viele Deppen, die mich teilweise aus dem Kindergarten kennen wollen, mit denen ich aber nichts mehr zu tun haben will.“
– „Versteh‘ ich nich’…“
Nur ein kleiner Beispieldialog, der so oder ähnlich öfter mal zwischen mir und Kommilitonen stattfindet, die ich neu kennen lerne. Ich verstehe immer noch nicht, wozu ich den Studi-Strich brauche, wenn es auch eine Mail tut.
Zum Thema: hast du eigentlich einen Twitter Account?
In meinem Artikel zum Thema „Twitter“ wird schnell klar: Nein.