Praktikum: Tag 1

Heute hatte ich meinen ersten Schulpraktikumstag bei einem kleinen Bestattungsunternehmen in Hamburg-Bergedorf. Es ist nicht filialisiert und wurde vor ungefähr zwei Jahren – sofern ich richtig informiert bin – selbstständig aufgebaut. Die Besonderheit dieses Unternehmens liegt darin, dass versucht wird, den Angehörigen einen Abschied von dem/der Verstorbenen zu ermöglichen, wie sie ihn sich als angemessen vorstellen; nicht, wie er vorgeschrieben ist. Da kommen dann durchaus auch mal so ausgefallene Dinge ins Spiel wie Airbrush-Motive auf Urnen oder mit Tieren bemalte Särge. Eben alles, was den großen Instituten nicht ins Muster, ins einseitige Konzept passt.

Der Tag war für mich sehr interessant und lehrreich. Ich habe gelernt, dass sich jeder, der sich noch nicht damit auseinandergesetzt hat, eine falsche Vorstellung vom Beruf des Bestatters hat. Er hat nur in der Nebensache mit dem imaginären „Einsargen, Abtransportieren, Einbuddeln“-Prinzip zu tun. Der Bestatter hat die enorme Aufgabe, alles – von der Angehörigen-Unterstützung bis hin zur Trauerfeier und anschließender Beisetzung – zu organisieren, regeln und in den Griff zu bekommen; und zwar in kurzer Zeit.

Alle Dokumente müssen zusammengetragen und zum Standesamt gebracht werden, damit ein Bestattungsschein (quasi eine Berechtigung) erstellt werden kann. Es muss beantwortet werden: Wie soll der Abschied aussehen? Wo soll es stattfinden? Auf welche Weise soll der/die Verstorbene bestattet werden? Welche Musik soll auf der Trauerfeier gespielt werden? Welche Art der Dekoration ist gewünscht? Und noch Einiges mehr. Man ist in ständigem Kontakt mit Pastoren, Rednern, Sargträgern, Friedhofsgärtnern et cetera.

Von wegen, Bestattung sei ein „ekliger Leichenjob“, wie sich das nicht wenige meiner Klassenkameraden vorgestellt haben, als ich ihnen davon erzählt habe. Sicher kommt man in Berührung mit dem Tod, auch muss man es ertragen können, Tote zu sehen. Aber das geschieht auf einer ganz anderen Ebene: Es geht um eine/n friedliche/n Verstorbene/n, nicht um eine/n schreckliche/n Tote/n.

Ich musste heute damit beginnen, eine fiktionale Bestattung zu organisieren. Auf einem Fragebogen füllte ich erdachten Namen des Verstorbenen, die seiner nächsten Angehörigen und alle benötigten Daten aus. Herbert Meier ist Katholik, Heino-Fan und mit 63 Jahren friedlich eingeschlummert.

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7 Kommentare

  1. Anonymus
    Oktober 4

    Finde es voll cool, dass du dir so unvoreingenommen einen so fehlverstandenen Beruf anschaust. Ich habe von deinem Blog im Bestatterweblog gelesen und werde mir sicherlich alle deine Berichte durchlesen.

  2. Oktober 4

    Boah, ey, du bist im Bestatterweblog verlinkt worden! Davon habe ich schon immer geträumt, Glückspilz du.

  3. Oktober 4

    Ich freue mich auch total! Mein Page Rank und mein Rating bei Topblogs.de (von 74 auf 7!) ist radikal hochgeschossen…

  4. Georg
    Oktober 4

    Gut geschrieben. Werde wiederkommen und stöbern. Mach weiter so.

  5. Oktober 5

    Auch ich habe von dir im Bestatterweblog gesehen. Dieser erste Bericht hier liest sich echt gut, ich werde dann mal weiter lesen und schauen was es sonst noch so gibt.

    Wir haben „damals“ (bin jetzt Student) in der 10. auch ein Praktikum gemacht, ich war in der Bücherei, eine aus meiner Stufe wollte aber zum Bestatter… ich glaube allerdings mich zu erinnern, dass das damals nicht geklappt hat. Wir haben hier hauptsächlich Filialunternehmen, bei denen ging das nicht so und aus der Stadt raus durften wir aus irgendwelchen Gründen nicht… umso besser, dass es bei dir geklappt hat.

  6. Oktober 5

    Erst einmal vielen Dank für die Komplimente!

    Auch bei mir gab es Schwierigkeiten mit den großen Bestattungsfirmen, die sich mittlerweile riesige Ketten aufgebaut haben. Manche wollten ohne Begründung keine Praktikanten aufnehmen, manche haben die Bewerbung gar nicht erst wahrgenommen, anderen war ich zu jung. Ein kleiner Bestatter wollte keine männlichen Praktikanten (wohl ein sehr spezieller Laden) – und schließlich wurde ich dann doch noch fündig und glücklich.

    Ich denke mal, dass es immer relativ schwierig ist, einen Praktikumsplatz beim Bestatter zu finden, wenn man im Ort keine kleinen Unternehmen in der Nähe hat, da man bei den Großfirmen meist sowieso nicht fündig wird (ich kenne jemanden, der auch ein Praktikum der Art machen wollte und aus eben dem Grund nichts gefunden hat).

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