Kondome? Bei den Nudeln!

Neue strategische Sortierung im Supermarkt

Man weiß ja schon lang Bescheid. Weiß ja schon lang, dass in den Supermärkten alles so vorgesehen ist, wie es einem auffällt: Dinge sind plötzlich in einem anderen Regal zu finden, beim Obst regnet es, die Gemüsekörbe haben einen schrägen Spiegel hinter sich – mit Absicht. Jedes ein Trick, um den Kunden zum Kauf zu animieren. In der Brotabteilung duftet es nach frischen Brötchen, im Hintergrund läuft angenehme Musik, die Schranke beim Eingang öffnet sich ein bisschen zu langsam, die teuersten Artikel sind auf Griffhöhe zu finden. Nichts davon ist dem Zufall überlassen.

Seltsam kommt es einem aber vor, wenn man sich die Idee im Sortiment der Supermarktkette Kaufland anschaut, die wie Lidl Bestandteil der Schwarz-Unternehmensgruppe ist. Dort suche man bei einem Großeinkauf nach einer harmlosen Zutat wie Pesto. Jeder kennt Pesto. Fast jeder mag Pesto – und wozu gehört Pesto? Richtig, zu Nudeln. Also läuft man den langen Pfad zum entsprechenden Regal. Links Nudeln, rechts Saucen. Sicher ist das Pesto bei den Soßen zu finden, denkt man sich und stellt erstaunend fest: Das ist nicht der Fall. Langsam beginnt man sich ernsthaft zu fragen, wo jener wohlschmeckende, ölige Brei sonst noch stehen könnte. Bei den Putzmitteln? Neben der Fleischtheke? In der Tiefkühlung? Sicher nicht – also geht man stracks zur Information und erkundigt sich. Wo denn bitte das Pesto stehe, fragt man ganz höflich. Man bekommt eine erstaunliche Antwort: Natürlich – was sonst, darauf hätte man kommen müssen – in der Molkerei-Abteilung. Dort gebe es ein Feinkostregal, in dem unter anderem auch Pesto zu finden sei.

Man fasst sich an den Kopf und stöhnt leise. Dann begibt man sich zu Milch und Joghurt, um eine italienische Würzsauce zu bekommen. Sehr logisch.

Oder doch nicht logisch?

Genau: Doch nicht logisch. Nicht jedenfalls für den einfachen Verbraucher, der nur mal etwas kaufen will. Wo der Trick dabei ist? Die psychologische Taktik hat der Kaufland-Kette einiges geschenkt:

  1. Der Kunde war zuerst beim Nudelregal – vielleicht hat er sich noch eine Sauce gegriffen, weil sie so lecker aussah.
  2. Der Kunde hat einen Weg quer durch den Supermarkt zurück zum Informationsstand zurückgelegt, wobei er an vielen tollen Angeboten vorbeigelaufen ist.
  3. Der Kunde ist in eine Abteilung am anderen Ende des Ladens geschickt worden – auf dem Weg dorthin gab es wieder viele Situationen, in denen er etwas gesehen, „Das hatte ich schon lang nicht mehr!“ gedacht und zugegriffen haben könnte.
  4. Der Kunde musste in der Molkerei-Abteilung nach dem Pesto suchen. Dabei haben ihn schon wieder viele tolle Produkte locken können.

All diese Wege quer durch das Geschäft provozieren Spontanhandlungen, die zum Kauf eventuell teurer und ungewollter Konsumgüter führen. So merkt der Besucher eines Supermarktes meist erst zu spät, dass er dem Kapitalismus auf den Leim gegangen ist. Man sollte sich eine Einkaufsliste machen und diese strikt und ohne Abweichungen befolgen – zudem gelte es, öfter mal ganz unten und ganz oben in den Regalen bei der günstigeren Ware nachzusehen.

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3 Kommentare

  1. November 25

    Ob die räumliche Nähe von Spongebob-DVDs und Softcore-Schwulenpornos im Essener Saturn auch eine Marketingstrategie darstellt?

  2. November 26

    Marketingstrategie hin oder her, die Kleinen werden weniger homophob erzogen. Gut so.

  3. Disi
    Juni 1

    Ich liebe die Überschrift!!! :D

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