Scientology im Spielfilm

Scientology-Kirche HamburgAm kommenden Mittwoch zeigt die ARD einen Spielfilm über die Machenschaften der Scientology mit dem Titel „Bis nichts mehr bleibt“ – es handelt sich um ein Spielfilmdrama, das den berüchtigten Verein erstmals beim Namen nennt und die Geschichte von Anhängern und Aussteigern darlegt. Dabei sollen sowohl die internen Machtstrukturen als auch die finanziellen wie psychischen Abhängigkeiten eines Mitgliedes beschrieben werden.

Wie wird ein „ganz normaler Bürger“ zum Scientology-Anhänger? Wie schafft er es, sich wieder davon freizumachen? Wie lebt er danach mit seiner Vergangenheit? Alles Fragen, die Regisseur Niki Stein in einer sehr emotionalen Geschichte zu beantworten versuchte. Er erzählt die Geschichte eines „jungen Familienvaters“ (gespielt von Felix Klare, bekannt aus Tatort), der es schafft, sich „aus den Fängen des Systems zu lösen“, dabei jedoch seine Familie verliert – kurzum: die dunklen Seiten des Weges zur Erlösung werden in einem packenden Drama fürs Öffentlich-Rechtliche in altbewährter Manier verpackt. Soweit die Idee.

An der Umsetzung aber mag es schnell hapern – die Dreharbeiten mussten weitgehend geheimgehalten werden, so fanden sie etwa unter einem Decknamen statt. Das einerseits aus Rücksicht auf die Aussteiger, die zu einem erheblichen Teil bei der Recherche halfen, und andererseits aus Vorsicht gegenüber der thematisierten Organisation selbst. Diese ging auch gleich gegen die ARD vor, als sie von dem Projekt Wind bekam.

Aber auch die Medien sind geteilter Meinung: Die taz beispielsweise warnt, dass solch ein „Aufklärungsfilm“ leicht zur Propaganda verkommen könne. Es sei ärgerlich, wenn die Sicht der Dinge nach der unter Scientology-Anhängern gefürchteten Hamburger Sektenbeauftragten Ursula Caberta von der Arbeitsgruppe Scientology (AGS) „ungefiltert […] Niederschlag“ finde. Von Drehbuchautoren könne zumindest „ein bisschen Gegenrecherche“ erwartet werden.

Das ist natürlich wahr, weshalb man gespannt sein darf, wie einseitig der Film nun wirklich ist. Man kann nicht verlangen, dass er auch etwaige gute Seiten zeigt, wenn er doch eine Problematik darstellen soll. Aber er darf keine Gerüchte oder Behauptungen einbringen, ganz zu schweigen von Unwahrheiten. Solange dies nicht der Fall ist, kann man auch nicht von Propaganda sprechen. Den Film zu sehen wird sich vermutlich so oder so lohnen, zumal er eine äußerst interessante Intention verfolgt und der Regisseur auch schauspielerisch voraussichtlich nicht besonders weit daneben gegriffen hat.

Niki Stein: „Bis nichts mehr bleibt„; Das Erste, 31.03.2010, 20.15 Uhr.

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