Religiöses Dogma heute

Warum zölibatäre Missbrauchstäter nicht allein die Schuld am Missbrauch haben.

Der Zölibat ist ebenso psychische Unterdrückung wie Schlafentzug als Foltermethode. Er führt zu einem zwanghaften Extremzustand, der den Glauben an Gott als haltende Hand festigt und fanatisiert. Ein Pfaff, der einen wesentlichen Teil seines Körpers ignoriert, arbeitet völlig verblendet an seiner eigenen Störung. Das katholische Dogma von heute ist nicht mehr das Geldeintreiben, sondern nur mehr ein Überbleibsel der langen Kriminalgeschichte des Christentums: die sexuelle und psychische Unterdrückung. Beim Zölibat wird beides kombiniert – aus der sexuellen resultiert die psychische Unterdrückung. Ziel ist es, die Mitarbeit in der Firma Jesu zu stabilisieren: ein Mensch, der sich freiwillig degradieren lässt, ist zweifelsohne überzeugt von seiner Religion.

Nun ist die Medienflut von sexuellen Übergriffen seitens Vertretern von Kirchenämtern mittlerweile wieder zurückgegangen, doch die Wesensfrage bleibt offen: Wer ist Schuld? Während die Kirche selbst zu Beginn noch versucht hat, die Fälle „intern zu klären“, haben sich einige Christen ganz aus dem Verein verabschiedet; andere haben versucht, eine Erklärung zu finden. Diese Erklärungen ließen die Überlegung, die Kirche könne Schuld sein, außen vor. Das wäre zu einfach – und zu selbstkritisch. Da Selbstreflexion bekanntlich keine Stärke der katholischen Ämter ist, ließ zum großen Teil auch die Öffentlichkeit diese Diskussion bleiben.

Wenn aber die Kirche nicht Schuld ist, gehen wir davon aus, dass das Umfeld des Täters keinerlei Einfluss auf seine Tat hatte, was in anderen Fällen selten stimmt. Betrachten wir das Dilemma also einmal aus einer anderen Perspektive: Die Kirche sei Schuld. Dann können wir detailliert auf das Verhältnis zwischen Vater und Sohn eingehen. Die Knaben besuchen die Kirche als Teil ihrer Erziehung und akzeptieren den Geistlichen somit als Vaterrolle. Sie glauben ihm jedes einzelne Wort und verspüren eine geistige Nähe zu ihm. Er hingegen hütet seine Schäfchen, wo er nur kann, also auch unter den Kindern. Durch seine – nicht zwangsläufige, sondern freiwillig entschiedene – sexuelle Enthaltsamkeit steht er unter einem Druck, den er schlichtweg ignoriert, da er einen Bund mit seinem Gedankenkonstrukt eingegangen ist. Er straft sich selbst für jeden Gedanken an Sex und unterwirft sich der obersten Gewalt: seinem Gott.

Wie naheliegend ist es da, dass er diese missliche Lage dadurch zu kompensieren versucht, seine eigenen Untergebenen zu versammeln und die Wehrlosesten unter ihnen zum Druckausgleich zu missbrauchen? Sie werden sich nicht beklagen, denn sie sind Unterdrückte: Der Täter setzte ihnen immer schon vor, was sie zu denken hatten, er war immer derjenige, der die richtige Antwort wusste, er wird schon gewusst haben, was er da tat.

So komme ich zu dem Schluss, dass nicht den Missbrauchstätern aus kirchlichem Umfeld allein die Schuld an ihrer Tat zuzuweisen ist. Erheblichen Einfluss auf seinen Werdegang und seine Selbstunterdrückung hat auch der ideologische Bestandteil des kirchlichen Weltbildes und seine institutionalisierte Form gehabt. Der Apparat Kirche ist natürlich nicht pauschal als Missbrauchsmaschinerie abzuwerten, dennoch stellt er die Grundvoraussetzungen für derartige Extremfälle. Die Machtverhältnisse innerhalb des katholischen Konzerns definieren sich immerhin durch primitive Werte wie Unterdrückung und der religiösen Variante von Gehorsam, Glauben.

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