Lieber Horst,
dein Statement zur Integrationsdebatte beim sogenannten Deutschlandtag in Potsdam wollte gar nicht erst in meine Ohren dringen, glich es doch Wort für Wort dem üblichen NPD-Vokabular: „Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein“, töntest du. Multikulti sei tot. Moment, habe ich etwas verpasst? Multikulti hat gelebt? Schön wär’s gewesen! Multikulti hat beim Straßenfest gelebt, in der Kommune und unter Hippies, die jetzt wahlweise Öko-Fuzzis oder Indies heißen. Aber immer war es mehr exotische Romantik als reelle Kulturenvielfalt.
Und was war dein Argument für die „deutsche Leitkultur“ noch gleich? Hattest du überhaupt eins? Nein. Du hast Bier getrunken auf jenem Deutschlandtag, roten Kopfes mit der Angela gelacht, schwitzigen Hauptes kräftig ins Horn geblasen. Da war sie wieder: Die Geschichte vom schwarzen Mann und vom bösen Muselmann. Jaja. Sie alle stellen eine Bedrohung für das deutsche Volk dar: Auf der einen Seite die linken Spinner, die uns allen Ernstes die ew’ge Mär vom friedlichen Miteinander erzählen; auf der anderen die Türken, Araber und Hartzer, die – Sarrazin hat’s bewiesen – dumm, dreist, asozial, faul und dekadent sind! Was ist bloß aus den 30er, 40er Jahren gewo… nein, das war ein Bier zu viel. Oder die ham da was rein getan, die!
– Na, jedenfalls bedrohen die uns und unsere Leitkultur. Was das ist? Das ist klar wie Kloßbrühe – mir hen Weißwurscht! Mir hen Bier! Mir hen eine schönere Flagge als die da! Mir hen Goethe! Jetzt nicht mehr, aber jetzt hemma Sarrazin! Mir hen die Alliierten überlebt und mir hen Portraits vom Adolf in unseren Wirtshäusern! Ja, das war’n noch Zeiten, damals. Und das alles soll aussterben, „sich abschaffen“, wie der von der SPD mit dem grimmigen Blick das nennt? Nein, wie schade!
Nüchtern auf dem Teppich bleibend,
Jan
Träumer des Monats
Heribert Rech
„Ich stehe uneingeschränkt zur Polizei und es wäre gut, wenn dies alle tun würden.“
(zitiert in der Taz)
Bild: Lisa Roderer (CC by-sa 2.0)
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