Grammophon

(Gewidmet Herrn R.)

Das kratzende Grammophon
angekurbelt, der Mann
steht, blickt, schmunzelt
„Voltaire“.

Das blitzende Lächeln
ausgebreitet, die Gruppe
ganz angeheftet ohne Worte
ans Schauspiel.

Der Raum eine Bühne
derjenige ihr Intendant
und Spieler und Künstler
und Lehrer.

Er spricht vom Tiger
und der Tiger ist da
er spricht von Karl
und Franz und Schiller

und Kant und Freud und Sturm
und Drang und es dringt
in die Köpfe und bleibt
und geht nicht.

Gestern hat er das Grammophon
mitgebracht und die alte Platte
aus der alten Tasche geholt
und eine alte Geschichte erzählt.

Irgendwo gestöbert, die Platte
gefunden, Begeisterung und
Leben aus den Augen, den
Mundwinkeln, freudig zuckend.

Verzückt legt der Mann
die Platte auf das Ding da
und kurbelt (es kratzt)
und wir lauschen.

Der Raum ist getränkt wie ein Taschentuch
mit Tintenklecksen und Empfindsamkeit
alles sitzt, blickt, schmunzelt
alles weiß.

„Voltaire“, der Ton wird tiefer
der Mann kurbelt nochmal
der Ton zu hoch –
wieder richtig.

Es fehlt aber jetzt die Hand an der Kurbel,
das Grammophon ist ausgegangen.


Dieses Gedicht erscheint auch in der Hamburg-Bergedorfer Schülerzeitung ET CETERA – Magazin für keine Schule.

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2 Kommentare

  1. Februar 15

    Wahnsinn. Der Text ist absolut großartig. Habe ihn mir gerade laut vorgelesen und bin wirklich begeistert. Mit dem Ding wirst du nirgends auf der Welt einen Slam gewinnen, so gut ist er :)

  2. Februar 15

    Finde ihn auch klasse! Super!

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