Meine Mission

Mein Haus in Kolumbien
Mein Haus in Kolumbien.

Hier in Kolumbien arbeite ich als Lehrer an einer privaten Sekundarschule auf dem Land, unweit eines kleinen Provinzstaedtchens nahe der Hauptstadt Bogotá. Zum einen begleite oder leite ich den Englischunterricht fuer saemtliche Klassenstufen – sechs bis elf -, zum anderen gebe ich jeden Freitag Sportunterricht fuer die sechste und neunte Klasse.

Meine Schule, die nur knapp 150 Schuelerinnen und Schueler umfasst, befindet sich auf demselben Gelaende, auf dem ich auch wohne: Ein gar nicht so kleines idyllisches Stueck Land an einem Berghang. Faehrt man mit dem Familien-Lada durchs Tor herein, befinden sich links zunaechst die Cafeteria und drei Sportplaetze – ein grosser Schlammplatz, ein Volleyballfeld und ein kleines Asphalt-Fussballfeld. Weiter oben sind zwei gigantische Schaukeln und eine turmhohe Seilbahn angebracht. Rechterhand fuehrt ein steiler Weg an einem Badminton-Feld vorbei hinauf zum Schulgelaende.

101 Golden Retriever.
101 Golden Retriever.

Der Sandweg, den das Auto nimmt, schlaengelt sich an einem wild bewachsenen Ackerhang, dem Schulgarten und einem aus PET-Flaschen konstruierten Gewaechshaus vorbei hinauf zur Finca. Da wohne ich – mit Blick auf alles weitere: Einen fahrradbetriebenen Brunnen zum Beispiel. Oder auf die Stallhuetten, in denen Kaninchen, Meerschweinchen, Ziegen, Tauben, Huehner, ein Pferd, ein Lama, Hunde und Welpen hausen. Direkt hinter meinem Haus befindet sich das Schulgelaende, bestehend aus einem grossen Raum mit Filmzimmer, Klassenraum fuer die Kleinen, Rektorbuero und Sekretariat; einem Haus mit Lehrerzimmer; einem Haus fuer die siebte Klasse und vier weiteren fuer die uebrigen Klassenstufen. Darueberhinaus gibt es einen kleinen Kiosk und ein Toilettenhaus.

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Das besondere an der Schule ist der landwirtschaftliche Schwerpunkt. Die Schuerinnen und Schueler haben hier gesonderte Faecher fuer Agroindustrie, Umweltwissenschaften und agrokulturelle Forschungsprojekte. So gibt es hier auch durch Solarpaneele, ein Windrad oder Wasserenergie betriebene Stromanlagen. Das Gelaende bietet sich natuerlich wunderbar an fuer Umweltprojekte, sodass man hier eine Vielzahl spannender Provisorien finden kann.

Wie gestaltet sich der Unterricht? Natuerlich voellig anders als in Deutschland. Zu allererst faellt das vollkommen distanzlose Schueler-Lehrer-Verhaeltnis auf: Man wird zwar als profesor angesprochen und entsprechend respektiert, doch begegnet man sich zumeist auf Augenhoehe. Die Schueler albern mit den Lehrern herum, als waeren sie Freunde. Das hat den Vorteil, dass es leichter faellt, einen guten Draht zu den Schuelern zu finden. Andererseits ist es dadurch auch um einiges schwerer, sich Respekt zu verschaffen und sich im Unterricht durchzusetzen. Das autoritaetsfreie Modell ist mir grundsaetzlich sympathisch, jedoch mangelt es meinem ersten Eindruck nach an komplementaeren paedagogischen Konzepten zur effektiven Gestaltung desselben.

Unterricht auf kolumbianisch

Man kann sich eine kolumbianische Schulklasse nicht annaehernd so vorstellen wie eine deutsche. Mag sein, dass es disziplinierter wirkt, dass alle Uniform tragen – gleichzeitig aber beginnt die Herausforderung schon mit der scheinbar einfachen Aufgabe, saemtliche Schueler dazu zu bewegen, sich innerhalb des Klassenzimmers aufzuhalten. Als naechstes folgt das Hinsetzen, schliesslich das Stillsein und Zuhoeren. Erst nach einer geraumen Zeit kann man tatsaechlich damit rechnen, offenen Ohren gegenueberzusitzen.

Natuerlich ist der Englisch-Lernstand fernab europaeischer Vorstellungen, zumal hier auch der gesamte Kontinent Spanisch (oder Portugiesisch) spricht. Zuletzt habe ich der elften Klasse die Zukunftsformen „going to“ und „will“ beigebracht. Bei anschliessenden Uebungen taten sich jedesmal erhebliche Schwierigkeiten auf, die zwar unmittelbar behoben werden konnten, sich am naechsten Tag allerdings wiederholten.

Was kann man hier eigentlich tun? Sicher wird fuer mich irgendwann der Moment kommen, an dem ich mich frage, was meine Arbeit hier ueberhaupt soll. Vielleicht ist es aber gar nicht so wichtig, wieviel Englisch ich den Kindern beibringe – vielleicht ist es viel wichtiger, zu tun, was man kann und die eigenen Ansprueche den bestehenden Moeglichkeiten anzupassen. So kann ich den Schuelerinnen und Schuelern immerhin eine andere Perspektive vermitteln.

Für sämtliche Fotos gilt das Copyright (c) 2012 Jan Eijking.

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