Schlagwort: Philosophie

Mai 27

Der Mensch, der nie krank wurde

Wer hat uns eigentlich vorgeschrieben, wir dürften niemals krank sein? Bei jeder Kleinigkeit sollen wir Tabletten, Tropfen, Pulver, Pillen zu uns nehmen, am besten schon vor dem nächsten kleinen Leiden. Schon fast eine gesellschaftliche Konvention ist es, worauf man sich da geeinigt hat, ein Mechanismus, über den sich die Pharmaindustrie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Hände reibt. Wir entschuldigen diese Neigung zur Verantwortungsdelegation und zur Schwäche gerne mit Argumenten wie: „Ich kann mir Kopfschmerzen nicht leisten!“ (aber Aspirin), „Ich muss fit sein, um die Woche durchzustehen!“, und so fort. Allerdings kann es gut angehen, dass wir uns damit selbst belügen: Tatsächlich wirken wir auf diese Weise fleißig daran mit, uns zu Funktionsmaschinen zu degradieren.

Mai 27

Wann finden wir uns selbst? Wenn wir in den Spiegel sehen, steht unserem Gegenüber dasselbe Fragezeichen auf der Stirn wie uns selbst. Je mehr wir suchen, desto weniger finden wir. Haben wir ein Sandkorn am Strand unseres Horizontes gefunden, kommt die Flut und spült es fort.

April 18

Mit Leidenschaft im Hamsterrad

Man sagt: Revolution ist nur was fuer junge Leute, die noch nicht wissen, wohin mit all ihrer Energie. Den Umwaelzungstrieb abzulegen sei Teil des Erwachsenwerdens. Was wird aus diesem Trieb? Arbeitskraft – aus voller Leidenschaft im Hamsterrad strampeln. Eigentlich sind wir alle ziemlich konservativ.

Die Welt, so wie sie ist, gefaellt mir nicht – und ich bin damit sicher nicht allein. Also fragt man sich doch: Wie stellt man Veraenderung an, wie zieht man sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf? Versammelt man einige Haudegen und greift zu den Waffen? Unterwandert man das Parlament und verkuendet eine neue Republik? Geht man demonstrieren? Tritt man einer Partei bei? Oder bringt man schuldbewusst alle vier Jahre das Kreuzchen aufs Papier?

April 2

Mit schmalen Blicken
musterst du mich
studierst du mich
und meine Blicke

Mit duennen Fingern
beruehrst du mich
betastest du mich
und meine Finger

März 21

Gestern noch habe ich
an dich gedacht wie
an die Schaumkronen am Strand:

dazugehoerig
doch der Aesthetik halber
aus dem Bild gewischt.