Chile allein kaputt

Erdbeben in ChileIst Ihnen etwas aufgefallen, als die Nachricht vom Erdbeben in Chile vor zwei Wochen in der Tagespresse auftauchte? Sie wurde zunächst als Nebensache abgetan und dementsprechend erwähnt. Im Fernsehen kam die Meldung zwischen Bierwerbung und Fußball-Ergebnissen. Als die Medien dann begriffen, dass Chile doch ärmer dran war als gedacht, zeigten sie schnell, dass die Republik, obwohl im Gegensatz zum Erdbeben auf Haiti nicht halb so schlimm getroffen, durchaus etwas mehr Priorität verdient hat.

Zwar waren das Erd- und die folgenden Nachbeben um einiges stärker als die Katastrophe von Haiti (Stärke 8,8; Nachbeben bis zu 6,9), allerdings ist Haiti noch dazu eine bettelarme Gegend. Und Chile nicht – es zählt mit einem HDI von 0,874 (Rang 40) zu den hochentwickelten Ländern dieser Welt. Heißt das gleich, das man gar nicht helfen muss? Martin Voss, der Leiter der Katastrophenforschungsstelle der Universität Kiel, sagte Spiegel Online sogar, Chile sei „noch stärker gefährdet als Haiti“, wenngleich man „sehr gut vorbereitet“ sei.

Chile steckt außerdem auch noch mitten in einer Zeit des politischen Umbruchs: Kurz nach dem großen Beben wurde der rechts-konservative Sebastián Piñera, der seine politische Karriere unter Pinochet begann, zum neuen Präsidenten Chiles ernannt. Damit löste der schwerreiche Unternehmer die erste Präsidentin des Landes, Michelle Bachelet (Sozialistische Partei), ab. Dieser schwere Wechsel von der linkeren zur rechteren Koalition ist sicher nicht einfach.

Bachelet wurde jedoch zuletzt noch scharf kritisiert: Zunächst gab ihre Regierung etwa die Zahl der Todesopfer falsch an – Spiegel Online etwa berichtete anfangs von mehr als 700 Toten, dann waren es fast 800 und schließlich „nur noch“ mindestens 452 Menschen. Zudem beklagten die Überlebenden das Versagen des Tsunami-Frühwarnsystems der Marine. Diese entließ daraufhin den Verantwortlichen für Katastrophenwarnungen. Es sei jedoch, so viele Betroffene, im Allgemeinen seitens der Regierung zu langsam und zu schwach auf die Katastrophe reagiert worden.

Laut Presse hausen die Überlebenden des schweren Erdbebens in Zelten, die örtliche Feuerwehr schenkt Wasser aus. Wo ist die internationale Hilfe? Denken wir an Deutschland: Die Freiheitsstatue, unser Außenminister Guido Westerwelle ist am Start. Er hat nach Angaben von Spiegel Online auf seiner Südamerika-Reise kurz vor dessen Amtsantritt auch Piñera besucht und auf Anhieb 630.000 Euro Soforthilfe versprochen – er vergesse seine „Freunde in der Stunde der Not“ nicht und hoffe, das Unglück „mit einem kleinen Beitrag“ lindern zu können. Nach Einschätzung des neuen Präsidenten wird der Wiederaufbau circa 30 Milliarden Dollar kosten. Für Westerwelle scheint also selbst „Soforthilfe“ mit finanziellen Versprechen getan zu sein.

Was mir aufgefallen ist? Normalerweise zeigen die Nachrichten im Fernsehen bei Erdbeben Bilder von Trümmern und zerrissenen Straßen, auf denen Mitglieder verschiedener weltweiter Hilfsorganisationen umherlaufen. Diesmal fehlte letzteres.

Bild: James Guppy

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2 Kommentare

  1. März 15

    Die Deutschen sind nach dem Erdbeben in Haiti schon über ihre Schatten gesprungen. Sie haben Großes vollbracht, allen Haitianern eine sorgenlose Zukunft geschenkt und selbstlos zum Wiederaufbau des Landes beigetragen. Und jetzt verlangst du noch mehr von diesem Land? Von diesen leidenden Wesen, die durch die Wirtschaftskrise zerüttelt um ihre eigene Existenz zu kämpfen haben? Nein nein, hier wird man sich 2010 erst einmal auf die Schulter klopfen… 2011 können wir dann vllt. ja wieder Gutes tun…=> Geld spenden und unser Gewissen reinigen.

  2. März 15

    Ich denke, das war Ironie? Jedenfalls kam die überragende Hilfe von den USA („Hope for Haiti Now“) – und vermutlich auch nur, weil die ihre Soldaten wieder im LEDC haben wollen…

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