Erhängt wegen Apostasie

Am vergangenen Mittwoch ließ man in Iran den Apostaten Ehsan Fatahian exekutieren. Er hatte sich vom Islam abgewandt, was nach der Scharia mit dem Tod zu bestrafen ist. Zuvor verfasste er einen bewegenden Abschiedsbrief, in dem er die Grausamkeit in seinem Land und das parteiische Gericht verurteilt. Der Brief ist an die Öffentlichkeit gelangt – die Bloggerin Julia hat ihn ins Deutsche übertragen, um auch dem Publikum der Massenmedien einen Blick ins Detail zu geben.

Mein Leben begann in der Stadt Kermanshah, der Name, der wegen seiner Größe unter meinen Landsleuten immer in aller Munde war, die Stadt, die als Wiege der Zivilisation bezeichnet wird. Mein Denken entwickelte sich, und ich begann, die Ungerechtigkeit und die Diskriminierung zu sehen und zu spüren; eine Ungerechtigkeit, deren Ziel ich nicht nur als Individuum, sondern auch als Teil der Menschheit war. Ich suchte in tausend verschiedenen Richtungen nach den Gründen für Ungerechtigkeit.

(…) Das Willkommen, dass meine Wächter mir am ersten Tag zuteil werden ließen, zeigte mir, dass mein Schicksal das derer sein würde, die diesen Weg vor mir gegangen waren: Folter, konstruierte Anklagen, parteiische Gerichte, ein ungerechtes und politisch motiviertes Urteil, und schließlich und endlich der Tod.

Der Tod des Komalah-Mitglieds und Atheisten Fatahian ist kein Einzelfall – immer wieder werden oppositionelle Kämpfer gefangen genommen und mit dem Tod bestraft. Das Neue Deutschland berichtet von der Verurteilung von fünf Demonstranten. Zudem wurden kürzlich zwei Männer und eine Frau wegen Drogenhandels gehenkt. Alles Scharia-Nonkonforme wird im Iran mit dem Tod bestraft. Laut AFP waren es allein in diesem Jahr 254 gesetzmäßige Hinrichtungen. Eine Zahl, so erschreckend wie real.

Durch diesen Abschiedsbrief bekommt man einen Einblick in den iranischen Gesetzesalltag, wie er durch die gewöhnlichen Medienberichte nicht möglich ist. Und doch geschehen Dinge dort und jetzt und Tag für Tag, die nicht akzeptabel sind. Während die Deutschen schreien, weil Ursula von der Leyen eine Internetzensur einführen will, geht diese in Teheran ganz nebenbei über die Bühne – es werden Seiten zensiert, die Mahmud Ahmadinedschad mit dem Schah-Regime vergleichen.

Problematisch ist auch, dass man in Deutschland die Situation in Iran viel zu selten zum Thema macht. Man ist derart antiamerikanisch eingestellt, dass man mit jedem antiamerikanischen Regime im Umfeld sympathisiert. Jungle World schreibt:

Hussein, ein junger Aktivist, der die meiste Zeit des Jahres als politischer Flüchtling in Berlin lebt und nur im Sommer einige Wochen im Komalah-Camp im Irak verbringt, (…) erzählt (…) in perfektem Deutsch von seiner Frustration über die deutsche Linke. Immer wieder haben er und seine Freunde versucht, deutsche KommunistInnen und SozialistInnen auf die Diktatur im Iran und die Verfolgung iranischer Oppositioneller hinzuweisen.

(Quelle)

Man mag schreien: „Kampf der Theokratie!“ und damit gar nicht so falsch liegen. Doch die Mehrheit will sich doch keine konkreten Gedanken zu einer Praxis machen. Es wäre eine Demonstration in Deutschland zu veranstalten, um die Massen aufzuklären, zu informieren und zur Tat zu bewegen. Frage ich einen Mitschüler nach den Verhältnissen in Iran, weiß er mir nur selten etwas dazu zu sagen. Dieser Zustand darf nicht so bleiben.

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